Eine Person sitzt auf dem Rand eines Hochhausdaches und blickt auf eine Stadt im Abenddunst. Am Himmel steht ein übergroßer, orange-goldener Vollmond vor einem sanft rosa-blauen Horizont. Du kannst mich mal - Mond.
Alltagsgeschichten,  Rentnerleben

Du kannst mich mal – Mond

Heute Nacht wurde ich geärgert. Der Mond mal wieder. Meinte, mich vom Schlafen abhalten zu müssen. Macht er eigentlich regelmäßig. Immer während seiner Abnehmphase. Andere haben Probleme mit ihm, wenn er dick und rund ist. Ich, wenn er abnimmt. Warum, weiß ich nicht. Er scheint aber recht launisch zu sein, egal wie es mit der Figur gerade so läuft.


Soll ja angeblich alles nur Einbildung sein. Wie man aber so hört, scheinen ja viele Menschen unter seiner Fuchtel zu stehen. 
Inzwischen ist mir das aber egal. Früher, als ich noch berufstätig war, machte mich das schier bekloppt. Immer im Hinterkopf der Wecker: Klingeln um fünf Uhr. Und ich lag noch immer wach, wälze mich von links nach rechts. Und der ständige Blick auf die Uhr – 23:00, 00:00, 01:00. Zum Verrücktwerden. 


Ist mir inzwischen aber völlig Latte. Steh ich halt wieder auf. Pah … da mach ich mich doch nicht verrückt. Schlaf ich eben später. Dafür aber länger. Viel länger, wenn es sein muss. Wer kann der kann. Mooond … du mich nicht mehr, Kollege.


So wie heute Morgen. Meine Frau muss ja immer um sechs raus. Meistens arbeite ich mich auch aus dem Bett, wenn sie mit allem fertig ist. Das dauert in der Regel etwas. Sie ist da nicht so schnell wie ich früher. So kann ich in Ruhe wach werden – und mich aufs Aufstehen vorbereiten. Ist doch schön, wenn man sich noch einen guten Morgen wünschen und Tschüß sagen kann. Meistens alles in einem Satz. Aber immerhin. 


Heute Morgen war das allerdings anders. Da hab ich mich nochmal umgedreht. Zum einen, weil ich später ins Bett gekommen bin und zum anderen, weil es draußen kübelte ohne Ende. Zwei triftige Gründe, sich nochmal umzudrehen, dem Regen zuzuhören, noch ein wenig dösen. Das ist ja das Schöne am Rentnerleben. Da gibt es viel Raum für spontane Entscheidungen.


So ein Regentag ist aktuell natürlich eine willkommene Unterbrechung auf unserer Baustelle. Was uns seit Wochen fehlt, ist der regelmäßige Sport. Ich habe die Pause also genutzt, um wieder vorsichtig mit dem Training anzufangen. Nicht nur wegen der Baustelle, sondern auch wegen einer Verletzung an der Schulter, die ich mir im letzten Training zugezogen hatte, gab es diese Zwangspause.


Beim Calisthenics-Training gibt es so eine lustige Übung, die sich „skin the cat“ nennt. Als ich wieder in die Ausgangsposition zurück wollte, bin ich extrem elegant von den Turnringen geflutscht. Offensichtlich zu wenig Talkum. Der Abflug mit überdrehter Schulter: schmerzhaft. Die Haltungsnoten bei der Landung: phänomenal, wie am schwarzen Brett des Studios zu lesen gewesen sein soll. 
Angeblich soll sich der, die, das Eine oder Andere geärgert haben, nicht rechtzeitig das Handy gezückt zu haben. Aber wer rechnet schon damit. Hatte ja in der Vergangenheit immer famos funktioniert. Selbst schuld also. Wegen dem Handy und natürlich auch wegen des Genitivs. Nicht, weil ich zu wenig Talkum an den Händen hatte. Kann vorkommen.


Nach so langer Pause habe ich heute mal ganz langsam und vorsichtig mit Gewichten rumgemacht. Ist alles ganz gut gegangen. Schulter hat gehalten, keine Schmerzen. Also nur minimal. Das ignoriere ich.
Nur muss ich aufpassen, dass ich nicht den Fehler mache, wieder mit Vollgas einzusteigen. Dazu neige ich leider, wenn nichts mehr weh tut. Die Quittung gibt’s dafür eigentlich recht zuverlässig. Die Turnringe bleiben daher bis auf Weiteres unbeachtet. Zumindest solange, bis ich sicher bin, dass die Schulter stabil bleibt.


Nach jedem Training ist Ruhe oberste Sportlerpflicht. Wie jeden Mittag eigentlich. Da hab ich mir wirklich eine feine Mittagsroutine geschaffen. Natürlich nicht so lang. Ein Stündchen vielleicht. Das Essen will ja noch zubereitet werden. Auch als Rentner muss man seinen Verpflichtungen zuverlässig nachkommen.


Später sind wir zum Tanzen und anschließend haben wir den Abend entspannt ausklingen lassen.  So schön können Ruhestandsregentage sein. Und falls der Mond heute Nacht wieder meint, er müsse mich ärgern – bitte sehr. Da hab ich den längeren Atem.




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Martin

Ruheständler mit Reiselust und Hang zu kreativen Eskapaden. Mit Beginn des Ruhestands habe ich nun Zeit und Lust mein Leben in Worte zu fassen. Früher war mehr Dia-Abend, heute mehr Blog.

6 Comments

  • Sari

    Manchmal schlafe ich Tage lang schlecht und dann erfahre ich im Nachgang, dass Vollmond oder so war und ich denke „aaaah ok“… also mir ist dann gar nicht vorher bewusst gewesen, dass Vollmond ist. Ich kann mir schon vorstellen, dass man hier und da auf bestimmte Dinge reagiert. Also die letzten Nächte waren auch nicht so meine.

    • Martin

      Martin

      Na wenn schon zwei schlecht pennen können, dann haben wir den Schuldigen ja schon fast. Vielleicht findet sich ja noch jemand. Dann könnten wir schon fast von einer empirischen Beweislage sprechen.

  • Queen All

    Die regenerativen Pausen zwischen dem Training werden ja leider oft unterschätzt. Passiert mir selbst viel zu oft, dass ich vergesse, dass der Körper keine 20 mehr ist. Als Quittung darf ich mich dann mit einer nachhaltigen Nackenverspannung herumschlagen. Ich nehm das mal als Warnung und trete etwas kürzer, bevor ich einen ähnlich eleganten Abgang inkl. Verletzung hinlege. Mit dem langsamen Wiedereinstieg darf man es ja nicht gleich wieder übertreiben und so eine kleine Zwangspause kann ich durchaus mal genießen.

    • Martin

      Martin

      Das blöde ist, nach so einer langen Pause fängt man gefühlt wieder bei null an. Aber zum Glück hat man ja ein gut funktionierendes Muskelgedächtnis. Wir sind da recht zuversichtlich.

    • Antonette

      So, hiermit liefere ich den empirischen Beweis: Der Mond ist schuld.
      Auch ich wälze mich schlaflos, mit stinksauren Gedanken auf den Mond, hin und her. Dann überlege ich mir so Sachen wie: „Wenn ich schon nicht schlafen kann, könnte ich ja auch Wäsche waschen oder bügeln oder ………“ Aber das gefällt mir natürlich noch weniger, als mich herumzuwälzen, und ich wälze mich weiter, bis ich davon einschlafe. Bei mir sind es 2–3 Tage vor dem Vollmond, dann ist der Spuk vorbei.

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