Wir stellen fest: Mann trägt wieder Hut, gelegentlich auch Frau. Aber überwiegend Mann. Das fiel uns in letzter Zeit immer wieder bei unseren regelmäßigen Saunabesuchen auf. Grund genug, sich damit mal gedanklich auseinanderzusetzen, auch wenn das Ganze mal wieder ein wenig aus dem Ruder lief.
Saunahut – was soll das denn jetzt?
Zu Beginn erstmal Kopfkino für dich. Konzentriere dich. Stelle dir nun vor: Nackige Männer, sehr gerne und sehr oft mit dickem Bauch und dünnen Beinen, rennen gut behütet durch die Sauna. Kannste dir so vorstellen? Sieht ziemlich bekloppt aus, oder? Gut so … dann weiter.
Natürlich hat so ein Teil auch einen Sinn, wie ich jetzt rausgefunden habe. Der Saunahut stammt aus den nordischen Saunakulturen. Vor allem aus Finnland, Russland, Litauen, Lettland und Estland. Dort gehört er seit Jahrhunderten zur Saunatradition. In Russland wird die Sauna „Banja“ genannt, ein mit Holzofen beheiztes Dampfbad mit ähnlich hohen Temperaturen wie in der finnischen Sauna.
Und mit hohen Temperaturen meine ich auch richtig hohe Temperaturen. Wir bekommen ja schon in den hier als heiß bezeichneten Saunen bei 95 Grad Schnappatmung. Da können die Nordmänner und -frauen nur milde drüber lächeln. Die fangen erst bei 120 Grad an leicht zu schwitzen.
Wie auch immer. In unseren Saunen hat der Saunahut nun auch Einzug gehalten. Nur nochmal zur Erinnerung: Nackiger älterer Herr, dicker Bauch, dünne Beine mit Filzhelm auf der Rübe, rennt wichtig durch die Sauna. Nicht das du hier den Blick für’s Wesentliche verlierst.
Also weiter: Das Teil ist traditionell aus Wollfilz, (meist Schafwolle oder Hasenfilz), manchmal auch aus Leinen oder Baumwolle und hat eine Glocken- oder Kegelform. Filz ist hier das bevorzugte Material. Die Form meist glockenförmig oder kegelförmig, oft mit breitem Rand. Manche Modelle haben Ohrenklappen oder verlängerte Krempen zum Schutz des Nackens. Die Hüte werden handgefilzt und sind nahtlos.
Soweit so gut. Und was kann so ein Filzhelm?
Ganz einfach. Er schützt vor Überhitzung, denn die Kopfhaut ist bekanntlich sehr dünn. Kennt man, wenn man sich mal ordentlich irgendwo die Rübe gestoßen hat.
Der Hut soll also die Temperatur regulieren, so dass man die Aufgüsse länger und besser ertragen kann. Außerdem schützt er vor Kopfschmerzen und Kreislaufproblemen, die bei großer Hitze entstehen können. Und wenn du nach dem Saunagang im Winter nach draußen gehst, schützt er logischerweise auch vor plötzlicher Auskühlung.
Meine Saunahut Erfahrung beginnt mit einem Spontankauf
Das alles hat mich lang beschäftigt. Ich stehe neuen Dingen ja immer positiv und offen gegenüber. Lasse mich dann leicht begeistern und neige auch schnell mal zu Spontankäufen.
Jedenfalls hab ich ernsthaft mit dem Gedanken gespielt, mir auch so ein Teil zuzulegen. Ich hab das Thema mal vorsichtig zu Hause angeschnitten. Die Reaktion der Besten war nicht ganz so wie erwartet.
Dieser Blick. Kennst du das? Du sagst was und plötzlich schleudert der Kopf in deine Richtung. Und dann dieser Blick. Und das Gekugelt mit den Augen. Naja, jedenfalls schien sie meinen Argumenten gegenüber wenig aufgeschlossen zu sein.
Wenn wir in Russland oder Lettland wären, dann könnte ich das ja gerne machen. Ich könne mich ja eine Etage tiefer setzen, wenn es mir am Kopf zu heiß wird.
Jetzt ist es ja leider so, dass ich mich schwer von einem einmal eingeschlagenen Weg abbringen lasse. Das Gegenteil ist meistens der Fall. Meine stundenlangen Recherchen zum Thema Saunahut bescherten mir dann ein besonders gutes Exemplar. Hasenfilz. Handgefertigt. Besser geht nicht. Top-Modell. Kostet zwar ordentlich aber was soll’s. Qualität hat ihren Preis, wer billig kauft, kauft zweimal, und Geiz ist nicht immer geil. Ja, ich will – her damit.
Den Hut habe ich mir vorsichtshalber mal an eine Packstation liefern lassen und nach ausführlicher Begutachtung im stillen Kämmerlein, wanderte er dann ganz stickum in die Saunatasche.
Die große Premiere – Der Hot Ice Aufguss

Dann stand unser nächster Saunabesuch an. Unauffällig holte ich den Hut aus der Tasche und verbarg ihn unter dem Handtuch als wir uns zum Aufguss begaben. Hot Ice Aufguss!!! Höllisch heiß. Genau richtig für die Hutpremiere. Vor der Tür zauberte ich den Hut hervor und setzte ihn verheißungsvoll auf.
Jetzt muss ich allerdings dazu sagen, dass ich keinen Kopf habe, den Hüte besonders kleiden. Ich finde, dass ich mit einem Hut, egal welcher Form, immer ziemlich bescheuert aussehe. Daran ändert auch nichts, dass ich keinen dicken Bauch und keine dünnen Beine habe. Mützen gehen eigentlich. Aber es gibt keine Saunamützen. Das habe ich gründlich recherchiert. Wenn es welche gäbe, hätte ich natürlich eine gekauft. Gab es aber nicht. Deshalb: Saunahut.
Die Beste hat diese Aktion kalt erwischt. Mitten in der Sauna. Eiskalt!!! Ja, das geht ganz famos. Sie bekam nur ein „echt jetzt?“ raus und setzte sich ein wenig verstört auf die Bank und würdigte mich keines Blickes mehr.
Aber ich war nicht alleine. Da saß tatsächlich noch jemand mit einem Saunahut. Gut. Das Teil wirkt ziemlich billig. Aldi oder Lidl würde ich mal sagen. Hatte wohl auch schon die besten Zeiten hinter sich. Vielleicht auch gebraucht gekauft, wer weiß. Offensichtlich legt nicht jeder Wert auf Qualität. Der wird schon sehen, was er davon hat. Wird die Hitze wohl nicht so lange aushalten wie ich. Logisch.
Ich nickte ihm freundlich zu, tippte sehr cool an meinen Hut zum Gruße und setzte mich, anders als sonst, natürlich nach ganz oben. Nicht in die Mitte. Und schau mal einer an, da sitzt er jetzt plötzlich auch. Will es wohl wissen, was? Kann er haben.
Die Beste saß wie gewohnt auf der mittleren Etage und ich hatte den Eindruck, als wolle sie so recht nichts mit mir zu tun haben. Na, sie kann die Vorteile eines solchen Hutes ja auch nicht einschätzen. War für meine Argumente ja auch nicht wirklich offen. Aber das kommt schon noch. Spätestens nach diesem Saunagang. Dann wird sie schon überzeugt sein.
Und dann ging es auch schon los. Die erste Runde. Es wurde reichlich Wasser aufgegossen. Auf die Öfen wurden noch zusätzlich richtig dicke Schneebälle aufgelegt, die die Hitze noch verstärken.
Oha … das war wirklich heiß. Schweiß schoss mir explosionsartig aus allen Poren. Als die heiße Luft anschließend mit dem Handtuch verwirbelt wurde, dachte ich, ich laufe aus. Auch am Kopf. Der Filzhelm fühlte sich jetzt schon schweißgetränkt an. Und irgendwie war es auch sehr warm darunter. Ich riskierte einen Blick zu meinem Nachbarn. Wieso war der so entspannt? Und dieses blöde Grinsen ….
Runde zwei. Noch mehr Wasser. Noch mehr Eis. Noch stärkere Verwirbelungen. Leck mich fett … ist das heiß. Ob das überhaupt gesund ist, so eine Gluthitze? Überlege, eine Etage tiefer zu gehen. Mein Nachbar? Kein Grinsen mehr aber noch relativ entspannt. Ich bleibe sitzen. Bloß keine Schwäche zeigen.
Runde drei. Muss das wirklich sein? So viel Wasser? Und was soll das mit den Schneebällen? Die Hitze wird unerträglich. Ich habe das Gefühl, ich verbrenne. Schaue an mir herab, ob sich vielleicht Brandblasen gebildet haben. Zum Glück nicht. Mein Kopf juckt. Schon die ganze Zeit eigentlich. Ob das von diesem Scheiß Hut kommt?
Ich kann Mützen übrigens überhaupt nicht so lange am Stück tragen. Ich wundere mich immer über Menschen, die den ganzen Tag ne Mütze tragen ohne sie abzunehmen. Oder jetzt im Winter. Beim Poetry Slam neulich, da saßen welche im Saal mit ner Strickmütze auf der Rübe. Die ganze Zeit. Was soll das? Frieren die oder finden die sich cool? Bekloppt. Würd ich verrückt werden.
Der Aufguss ist vorbei. Endlich. „Kommst du?“ fragt meine Frau. „Ach ich bleib noch ein wenig,“ sage ich und schaue Richtung Nachbar. Der sitzt da völlig entspannt. Sie verdreht die Augen und geht schonmal raus. Die Sauna ist leer. Nur noch wir zwei. „War doch recht angenehm, der Aufguss,“ sage ich. „Ja, war schonmal heißer. Ging eigentlich.“ „Mmmm.“
Nichts hält mich mehr auf der Bank. Fluchtartig verlasse ich die Sauna. Ich bin durch. Mir ist sowas von heiß. Alles brennt. Der Kopf juckt wie die Hölle von diesem blöden Saunahut.
Kurze Zeit später kommt auch mein Nachbar aus der Sauna spaziert. „Schöner Hut übrigens,“ sagt er. „Hat bestimmt ne Stange Geld gekostet. Aber diese Hüte bringen ja wirklich was. Da hält man es viel länger aus,“ grinst mich blöd an und springt ins Tauchbecken.
„Arschloch,“ denke ich und stelle mich unter die kalte Dusche. Was für eine Erleichterung. Gut abgekühlt, schleppe ich mich in den Ruheraum zu meiner Frau. „Naaaaa? Hat dieses hässliche Teil irgendwas gebracht?“ Ich antworte nicht. Falle auf die Liege. Ihr Grinsen verrät alles. Sie kennt mich …
Falls du auch darüber nachdenken solltest, dir so ein exquisites Gadget für die Sauna zuzulegen. Ich könnte dir bei deinen Überlegungen behilflich sein. Ich glaub, ich könnte dir sogar günstig so einen Saunahut besorgen.



