Nahaufnahme der Hände eines Installateurs in blauer Arbeitskleidung, Hände und Unterarme gestochen scharf, der Körper im Hintergrund unscharf. Die Handflächen zeigen zueinander und halten ein neues iPhone dazwischen. Dickflüssiger weißer Kleber verbindet chaotisch die Finger mit dem Smartphone, zieht Fäden. Beleuchtet durch dramatisches Tageslicht, das durch ein Fenster fällt, mit stimmungsvollen Schatten und filmischer Atmosphäre. Chaotische, surreale Stimmung. Im Stil von Gregory Crewdson. Nur keine Langeweile im Ruhestand
Alltagsgedöns,  Ruhestand

Langeweile im Ruhestand. Manches probiert man nur einmal

Langeweile im Ruhestand kann ein Thema sein, wenn man nichts dagegen tut. Ich setze mich dagegen zur Wehr. Bei manchen Dingen allerdings, ziehe ich gelegentliche Langeweile vor.

Die beste Frau von allen hatte mir schon seit einiger Zeit in den…ich meine, sie hatte schon vor einiger Zeit den Wunsch geäussert, dass neue Fugen in der Dusche doch eigentlich ganz schick wären – zumal sie der Meinung war, dass es sich bei diesen kleinen schwarzen Pünktchen auf dem Silikon um Schimmel handeln könnte.

Sie wollte sich daher mal um einen Fliesenleger kümmern, der das ja fix in Ordnung bringen kann.

STOP. Für sowas? Extra einen Handwerker bemühen. Jetzt mach mal halblang. Kann doch nicht so schwer sein. Den alten Scheiss rauskratzen, mit so einer Silikonspritzpistole alles wieder reingespritzt, Finger ins Spüli tauchen, abziehen, fertig.

Wo ist das Problem? Dafür jetzt extra Kohle raushauen, fand ich irgendwie übertrieben. Ausserdem rennst du Handwerkern ja heute hinterher, wenn du einen guten brauchst. Von der Kohle, die du abdrückst, kannste gleich vier Wochen Kreuzfahrt buchen. Und wenn es scheiße läuft, musst du den Fliesenleger auch noch mitnehmen. Nix da. Selbst ist der Mann. 

Durchsetzungsvermögen ist gefragt, auch im Ruhestand

Man(n) soll ruhig öfter mal selbst Hand anlegen….also an son Heimwerkerdings meine ich … nicht das wir uns da jetzt missverstehen. Das wäre schlicht ein anderes Thema. Egal jetzt. Ich mach das selbst. Punkt aus. Hab ja die Zeit. Bin schließlich in Rente. Und Langeweile im Ruhestand? Nein danke. 

„Schatz, deine Zeit als aktiver Beamter ist doch jetzt vorbei. Du hast doch lange genug geaaaarbeitet. Lass das mal einen Handwerker machen.“ 

Das warmherzige Lächeln in Verbindung mit den in der Luft kratzenden Fingern hätte ich hinterfragen können – wollte ich aber nicht. Papperlapapp – ich mach das eben selbst. 

Nun ist es allerdings so, dass unsere Dusche schon recht groß ist. Unsere neun Enkel – wenn wir sie denn tatsächlich mal hätten – könnten da locker zusammen drin duschen. 

Rollatorduschen ginge aber wohl auch, denke ich.

Ich machte mich dann auf den Weg zum örtlichen Baumarkt und besorgte alles was man für so ein Projekt braucht.

Zwei Tage habe ich für das Projekt eingeplant und mir eine detaillierte Arbeitsanweisung erstellt, damit auch ja nix schiefgeht.

Ein professioneller Plan entsteht.

Tag 1: Entfernung der Silikonfugen 

Im Rahmen der ersten Phase der Maßnahme ist sämtliche Silikonfuge unter Verwendung eines hierfür geeigneten Cuttermessers ordnungsgemäß und rückstandslos aus der bestehenden Fuge zu entfernen. Hierbei ist das Silikon in Längsrichtung mehrfach einzuschneiden, um die Verbindung zu lösen und die Entfernung des Materials zu ermöglichen. 

Im Anschluss an das Einschneiden sind sämtliche Silikonbestandteile mit der nahezu horizontal gehaltenen Klinge des Cuttermessers durch gleichmäßiges Schaben unter Beachtung besonderer Vorsichtsmaßnahmen zu beseitigen, um Beschädigungen der angrenzenden Fliesen sowie der emaillierten Oberflächen zu vermeiden. Nach vollständiger Entfernung aller Silikonreste ist die nun freigelegte Fuge einer abschließenden Reinigung zu unterziehen.  

Tag 2: Neuapplikation der Silikonfugen  

In der zweiten Phase ist die Silikonkartusche in die eigens für diesen Zweck beschaffte Kartuschenpresse einzulegen. Zuvor ist die Spitze der aufzuschraubenden Tülle entsprechend der erforderlichen Fugenbreite abzuschneiden. Im Anschluss daran wird das Silikon mittels der Kartuschenpresse in einer angemessenen Menge und unter Beachtung eines gleichmäßigen Auftragungsmusters in die zuvor gereinigte Fuge eingebracht. 

Überschüssiges Material ist sodann mit dem für diesen Zweck speziell angeschafften Fugengummi gleichmäßig abzuziehen, um eine ästhetisch ansprechende und fachgerechte Abdichtung zu gewährleisten. Nach Abschluss der Tätigkeiten ist das eingesetzte Werkzeug ordnungsgemäß zu reinigen und entsprechend zu verstauen.  

Stilleben von Sanitärzubehör. Nebeneinander liegen eine Silikonkartuschenpresse, Silikonkartuschen, Cuttermesser und Fugengummis. Keine Langeweile im Ruhestand.

Das Theorie-Praxis-Paradoxon

Soweit. So gut. Super Plan – eigentlich. Nur …. krieg den Scheiß mal aus den Fugen gekratzt. Unglaublich wie hartnäckig das Zeug ist. Hat denn keiner daran gedacht, dass man die Fugen auch irgendwann mal erneuern muss? Zum Beispiel, wenn da Schimmel drauf ist?

Und dann das Rumgerutsche auf den Knien. Und ewig diese gebückte Haltung. Bin doch keine 20 mehr. Alter Schwede, was mir abends die Gräten wehtaten! Und dann ist das ja auch immer so warm in einem Badezimmer – selbst bei offenem Fenster.

Nach gefühlten 10 Stunden war der ganze Mist dann endlich raus und ich völlig geplättet. Ich vermute, Fliesenleger machen das mit Absicht. Die schmieren da so einen Silikonzementscheiß rein, den nur sie- und zwar nur sie, mit einem geheimen, speziellen Spezialfugenrauskratzgerät rauskriegen. ABER NICHT MIT MIR KOLLEGE!!!

Nachdem ich mich drei Tage von den Strapazen erholt hatte, startete ich in die finale Phase. Sollte jetzt relativ flott gehen. Dachte ich. 

Drückst du zu wenig von dem Silikonzeugs raus, kannst du keine Fuge ziehen. 

Blöd. Nochmal was drüber jauchen funktioniert auch nicht. Total blöd. Also wieder rauskratzen den ganzen Mist und von vorn.

Drückst du zu fest auf das Kartuschengerät, produzierst du monströse Silikonwürste. Ziehst du dann die Fuge, wird deine komplette Hand von einem gigantischen, klebrigen Silikonklumpen eingeschlossen. Und die Scheiße klebt wie die Hölle. 

Versuchst du, den ganzen Rotz mit nem Zewa abzuwischen, zerfetzt das Papier in klitzekleine Schnipselchen, die sich nahezu unlösbar mit Silikon, Fugenabziehgummi und Hand verbinden. Ich könnte kotzen. 

Finale Phase

Zum Glück hatte ich vorgesorgt und einen ganz Karton von dem Silikonzeugs gekauft. Man kann ja auch schlecht abschätzen, wieviel man so braucht.

Obi bietet übrigens auch einen Heimwerkerchat an, wenn man nicht mehr weiter weiß. Hilfe brauchte ich jetzt nicht direkt, wollte aber nur kurz was nachfragen. 

Hab dann festgestellt, IPhone und Finger voller Silikon harmonieren nicht wirklich miteinander. 

Egal … jede Herausforderung hat ihren Preis. Schiele sowieso schon länger auf das neue IPhone 16.

Sacknass geschwitz und völlig genervt hab ich es dann nach was weiß ich wie vielen Stunden hinbekommen. In mir steckt halt doch ein Macher. 

Aber sagen wir es mal so: Gerade Silikonfugen sind Standard, gewöhnlich, langweilig. Wer will das schon? Ich als kreativer Geist habe neue Maßstäbe gesetzt und eine eigene Herangehensweise entwickelt. Auch bei Silikonfugen darf man sich gerne vom Mainstream absetzten.

Bei der Endabnahme wurde ich mit einem gütigen Lächeln belohnt. „Haste doch ganz gut hinbekommen mein Schatz. Wirklich einzigartig.“ Die beste Frau von allen halt…

Fazit: Gegen Langeweile im Ruhestand hilft nur Eigeninitiative und das Interesse daran, Dinge auszuprobieren, die man vorher noch nie gemacht hat. Gut … manches probiert man nur einmal aus aber immerhin.

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